Kurz & knackig: In der Welt der Marken und des Marketings machen oft wenige Worte den entscheidenden Unterschied. Wenn etwa ein Waschmittel die Wäsche „nicht nur sauber, sondern rein“ wäscht – dann gibt das einen psychologischen Vorsprung, der sich positiv auf Verkaufszahlen auswirkt.
Jetzt ist nicht jeder kurze Text auch gleich ein Slogan, nicht jede griffige Formulierung gleich ein Claim. Was also sind die feinen, kleinen Unterschiede? Und: Warum ist das überhaupt so wichtig? Kann man das immer so scharf trennen?
„Come in and find out“ – um es mit einem früheren Claim der Parfümeriekette Douglas zu sagen. Erörtern wir gemeinsam, wie sich die Begriffe unterscheiden und warum es wichtig ist, das zu wissen. Und würzen wir die Diskussion dabei ruhig mit der Frage nach möglichen Schärfen und Unschärfen der Definitionen.
Kapitel:
Worin unterscheiden sich Slogans, Claims & Co voneinander?
Beginnen wir mit der Wichtigkeit der Unterscheidung: Wenn wir wissen, wovon wir reden, wird das Kommunizieren über Inhalte leichter. Wir haben dann die berühmte „gemeinsame Sprache“.
Denken wir nur an den Arbeitsalltag in den Bereichen Unternehmensstrategie, Marketing & Werbung: etwa an das Briefing-Gespräch zwischen Kunde und Agentur oder die Diskussion zwischen CEO und Marketing.
Wenn es hier intern oder extern schon bei der Definition hakt, wird die inhaltliche Auseinandersetzung schwierig. Daher ist es hilfreich, Begriffe voneinander abzugrenzen und in Beziehung zu stellen. Damit allen Beteiligten der genaue Auftrag klar ist, wenn es heißt „Wir brauchen einen Slogan“ oder „Entwickeln Sie einen Claim“.
Hier nun die wesentlichen Unterschiede der essenziellen Kurz-Botschaften:
Der Claim: Herzstück Ihrer Markenvision.
Ein guter Claim ist wie ein Versprechen, das Sie Ihren Kunden geben – über Jahrzehnte beständig und unverwechselbar. Er ist die Quintessenz Ihrer Unternehmensphilosophie, damit also weniger produkt- oder service-zentriert.
Ein bekanntes Beispiel: Just Do It. von Nike. Seit über 30 Jahren im Einsatz.
Claims stammen historisch aus der Zeit der Goldgräber im Wilden Westen. Dort steckte man sogenannte Claims ab, ein Stück Land, auf dem nur derjenige schürfen durfte, der dafür bezahlte. Und mit guten Marken-Claims besetzen wir heute eben spezielle Positionen in den Köpfen der Zielgruppen. Diese denken heute häufiger in Kategorien, bevor sie überhaupt an einzelne Marken innerhalb der Kategorie denken. Meist fallen ihnen dann eine, manchmal noch 2, selten mehr als 3 Marken dabei ein. Claims können diese Erinnerungsfähigkeit stützen, dazu kommen wir noch bei den wichtigsten Eigenschaften von Slogans, Claims & Co.
Im angloamerikanischen Raum ersetzen die Begriffe „Tagline“ in den USA und „Strapline“ in Großbritannien sinngemäß den Claim. Es sind auch hier meist eng mit dem Markenlogo verbundene Kernaussagen.
Der Slogan: Ihr flinker Botschafter in der Kampagnenwelt.
Gegenüber dem beständigen und prinzipiell eher aufs Unternehmen ausgerichteten Claim ist der Slogan dynamischer und eher produkt- bzw. service-zentriert. Der Slogan passt sich an Kampagnen oder einzelne Werbemittel wie Plakate oder Anzeigen an und motiviert oft noch stärker zum Handeln. Er wechselt damit auch eher häufiger, nicht unbedingt von Kampagne zu Kampagne, aber meist schon nach wenigen Jahren. Das werden wir gleich anhand einiger Beispiele sehen. Historisch stammt der Begriff aus dem Gälischem und bedeutet „Schlachtruf“.
Wieder unser Beispiel Nike: Die Sportartikel-Weltmarke verwendet neben dem durchgängigen Claim „Just Do It.“ weitere Slogans, die das jeweilige Hauptanliegen der aktuellen Kampagne kommunizieren. Find Your Greatness beispielsweise war der Slogan einer Kampagne, in der Menschen den Athleten bzw. die Athletin in sich entdecken.
Die Byline: Die rationale Ergänzung zum Claim
Hier handelt es sich um einen beschreibenden Zusatz, der auf die Produktkategorie hinweist. Das kann für Start-ups wichtig sein, um zu signalisieren, welche Art von Produkt oder Service unter der Marke angeboten wird. Das kann aber auch bei großen Marken, die unter einem Markendach in unterschiedlichen Bereichen Produkte anbieten, wesentlich sein. Leider wird diese wertvolle Funktion viel zu oft im Brandbuilding vergessen. Auch hier werden wir uns gleich ein Beispiel ansehen.
Beispiele für Claims, Slogans und Bylines
Berühmte Claims großer Marken
Lieblingsbeispiel Apple: Think different. Der Claim, mit dem Steve Jobs Apple 1997 auf die Weltbühne zurückholt. Er stammt von seiner Lieblingsagentur Chiat Day und kurioserweise von Art Director Craig Tanimoto – also von einem Grafiker, keinem Texter. Was steht dahinter? Jeder Mensch ist kreativ und Apple gibt ihm dafür die Geräte an die Hand, diese Kreativität auch auszuleben. Übrigens: Korrektes Englisch wäre hier „Think differently“, aber Jobs setzt bewusst auf die einfachere Form.
Ein deutschsprachiges Beispiel: Freude am Fahren – der Claim, den BMW beständig seit 1972 einsetzt. Der Autohersteller fokussiert sich auf die Menschen, die auch in der Oberklasse gerne selbst am Steuer sitzen. Dort steht er für eine Welt von Fahr-Enthusiasmus, während andere eventuell einen Chauffeur bevorzugen würden. So ist zum Beispiel das Cockpit eines BMW bis heute immer stark auf den Fahrer-Sitzplatz orientiert.
Slogans, die Werbegeschichte schreiben
Wohnst Du noch oder lebst Du schon? wird vielen noch als IKEA-Slogan im Ohr sein. Er fasste die leitende Kampagnen-Idee 2004 zusammen und wurde viel diskutiert bzw. oft im Alltagsdeutsch kopiert und persifliert. Manche munkeln sogar, er sei im Werbe-Test vorerst sogar durchgefallen.
Fakt ist: Er war erfolgreich und ersetzte den damaligen Slogan Entdecke die Möglichkeiten. Kaum erinnern werden sich jüngere Zielgruppen noch an den 77-er Slogan Das unmögliche Möbelhaus aus Schweden, mit dem IKEA in den deutschsprachigen Raum expandierte. Das war eher ein das Unternehmen beschreibender Claim.
Ein österreichisches Beispiel: Red Bull verleiht Flüüügel – mit diesem von Johannes Kastner von Kastner & Partners getexteten Slogan erlangen Energy Drink und Unternehmen Weltruhm und werden zur drittgrößten Getränkemarke hinter Coca-Cola und Pepsi. Mit der semantischen Typografie der drei „ü“ unterstreicht man die Wirkung, die das Produkt entfaltet.
„Moment“, höre ich manche da sagen: „Ist das nicht auch gleichzeitig der Marken-Claim fürs Unternehmen Red Bull?“ Schaut man auf die aktuelle Website, so steht dort beim Unternehmen „Verleiht Menschen und Ideen Flüüügel“ – also eine kleine Abwandlung, die als Claim gelten kann.
Ein schönes Beispiel für gewisse Unschärfen in der Unterscheidung zwischen Claim und Slogan ist die Marke Coca-Cola. Warum? Über die Jahrzehnte hat das Unternehmen Coca-Cola ihr Kernprodukt Coca-Cola mit unzähligen Slogans beworben.
Die Company macht in ihrem wenig kommunizierten Purpose Refresh the world das Erfrischen zum erklärten, höheren Unternehmensziel. Und doch sind es eher die bekannten und häufig wechselnden Werbeslogans zum Produkt, die uns im Kopf hängen geblieben sind.
Über 50 (!) Werbeslogans hat das Unternehmen seit dem ersten Drink Coca‑Cola (1886) verwendet. Wiederkehrende Themen waren It’s the Real Thing (1969) und You Can’t Beat the Real Thing (1990) oder You Can’t Beat the Feeling (1988) und Taste The Feeling (2016). Freilich wurden diese Slogans den Massen mit druckvollen Werbebudgets und emotionalen Spots in Köpfe und Herzen massiert.
Bylines, die Marken und Claims unterstützen
Jede Marke fängt mal klein an, selbst Riesen wie Red Bull. Letztere ist zur Mega-Brand aufgestiegen, weil sie eine neue Kategorie am Getränkemarkt eröffnete: Red Bull war der erste Energy Drink. So steht es auch noch heute auf jeder Dose unter dem Markennamen und den beiden abgebildeten Logo-Bullen: Energy Drink.
Diese Kategorie-Zuschreibung ist ein wichtiges Element, wird bei Red Bull sogar noch ergänzt um die Worte: Mit Taurin. Belebt Geist und Körper. Gerade neue Marken oder Start-ups tun gut daran, ihren emotionalen Claim mit dieser (Sub-)Kategorie-Beschreibung zu ergänzen. So geben sie schnelle Orientierung, worum es sich beim Produkt oder der Dienstleistung handelt. Am Beispiel Red Bull noch einmal übersichtlich dargestellt:
Weitere prägende Unternehmensbotschaften – Purpose & Vision
Neben den eher werblichen Botschaften, für die Claims und Slogans stehen, haben sich über die Jahre aus Strategie-Statements vor allem Purpose und Vision durchgesetzt. Sie stehen für die zentralen Botschaften zu Auftrag und Zukunft von Unternehmensmarken.
Purpose – der Daseinsgrund übers Geldverdienen hinaus
Das Purpose-Statement sagt, wozu ein Unternehmen da ist – neben dem klaren Ziel, Geld zu verdienen und es ins Unternehmen zu reinvestieren. Was also der höhere Anspruch ist, was man der Gesellschaft geben will.
Vision – der anstrebenswerte Fokuspunkt in fernerer Zukunft
Die Vision des Unternehmens zeigt zumindest, wohin die Reiserichtung zielt. In der permanenten Transformation nach vorne ist es vielleicht kein klar umrissenes Bild, mehr ein Zielkorridor, der die Fantasie für die Unternehmenszukunft anstachelt.
Was macht gute Claims und Slogans aus?
Kommen wir damit zur Frage, welche Kriterien Claims und Slogans zu den guten ihrer Gattung machen.
Einprägsam
Gerade in der Zeit der Hyperkommunikation, in der wir täglich potenziell Zigtausenden von Botschaften ausgesetzt sind, ist die Merkfähigkeit ein besonders wichtiges Kriterium. Dazu kann man sich unterschiedlichster Stilfiguren bedienen, die ein eigener Blog-Beitrag sein könnten.
Daher hier nur ein Beispiel: Die Biermarke Gösser etwa wirbt mit dem Slogan: Gut. Besser. Gösser. – ein einfacher Dreisatz, der eine Steigerung umfasst, die „unerlaubterweise“ im Markennamen kulminiert. Wortspiele, Reime oder Rhythmen wie bei Gösser können dabei helfen, auch die Einprägsamkeit zu steigern.
Relevant
Erfolgreiche Claims und Slogans sprechen Werte, Bedürfnisse oder Wünsche der Zielgruppen an. Sie beantworten damit die Frage, warum ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Dienstleistung wichtig sind. Siehe BMW und seine Fahrfreude als Markenkern, den der Claim „Freude am Fahren“ ausdrückt. Sie wecken Emotionen und schaffen eine emotionale Verbindung – durch Humor, Inspiration oder eben durch das Ansprechen gemeinsamer Werte.
Differenzierend
Die verdichteten Botschaften heben sich vom Mitbewerb ab – in guten Claims und Slogans schwingt die Differenzierung mit. Das kann sich auf echte Unterscheidungsmerkmale wie eine Unique Selling Proposition beziehen (USP) oder heute eher häufiger auf eine Emotional Selling Proposition (ESP).
So wirbt die Erste Bank mit dem Claim #glaubandich als Hashtag, der die Individualität in den Mittelpunkt stellt. Wettbewerber Raiffeisen hingegen wirbt mit Wir macht’s möglich und stellt als Gegenposition die Gemeinschaft in den Mittelpunkt. Dieser Claim ist stilistisch ein sogenannter Barbarismus, weil er mit der üblichen Satzlehre bricht.
Klar
Die Botschaft muss klar und direkt sein, ohne Raum für Missverständnisse. Klarheit erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die gewünschte Botschaft effektiv transportiert wird. Daher kommen die meisten Claims und Slogans mit wenigen Wörtern aus – zwischen 2 bis 5 Wörtern. Selten sind es längere, die uns im Gedächtnis bleiben.
Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel. Stichwort: Wohnst Du noch oder lebst Du schon? Oder ein Klassiker aus der Bankenwerbung: Geld macht glücklich, wenn man rechtzeitig drauf schaut, dass man´s hat, wenn man´s braucht. Mit diesem Slogan warb Raiffeisen mit dem Testimonial Joki Kirschner in den späten 80ern für seine Bausparverträge.
Sicher gibt es noch mehr Kriterien wie etwa die Stimmigkeit mit dem gesamten Marken-Image, in das sich Claim und Slogan einreihen. Oder auch die Anpassungsfähigkeit – denken wir nur an den internationalen Einsatz solcher Kernbotschaften. Besonders gut gelungen sind auch solche, die den Markennamen im Slogan gleich noch einmal mit „einbauen“. Siehe Red Bull, siehe Gösser.
Trends rund um Marken-Kernbotschaften
Natürlich gibt es auch bei Claims und Slogans immer wieder aktuelle Entwicklungen. Zum Beispiel dominieren im deutschsprachigen Raum manchmal englische Varianten, dann wieder sind welche in deutscher Sprache im Trend.
Spezialisten befragen deutschsprachige Zielgruppen dafür auch nach der Verständlichkeit von englischsprachigen Slogans. Dabei tritt Kurioses zu Tage, wie der eingangs erwähnte, ehemalige Douglas-Claim Come in and find out. Dieser wurde zu einem gewissen Prozentsatz direkt übersetzt in „Komme herein und finde wieder raus“. Er wurde also nicht von allen als Einladung gelesen, sich durch die breite Auswahl inspirieren zu lassen.
Wieder andere Institute wie slogans.de erheben laufend auch, welche einzelnen Wörter in Slogans gerade Konjunktur haben. Auch hier lassen sich also Trends erheben.
Der Verzicht auf Claims – ein frühes Signal für einen Trend?
Erinnern Sie sich noch an die zahlreichen Coca-Cola-Slogans? Bestimmt. Aber: Könnten Sie den aktuellen Coca-Cola Werbeslogan nennen? Oder gar den Unternehmens-Claim der Coca-Cola Company? Vermutlich nicht, und dennoch ist das Produkt nach wie vor sehr erfolgreich. Brauchen Mega-Marken vielleicht gar keine Claims mehr?
Aktuell hat Mercedes-Benz beschlossen, ohne Markenclaim auszukommen, weil man ohnehin für höchste Qualität bekannt ist. Dabei hatte man einst einen besonders genialen Claim: Nur ein Mercedes ist ein Mercedes. Dieser schaffte es, den Markennamen gleich zweimal im Claim zu nennen. Gleichzeitig transportierte man damit in wenigen Worten die Alleinstellung des exzellenten Qualitätsanspruchs. Also: freiwilliger Verzicht – aber wie der ehemalige Claim schon sagt, vielleicht kann sich das nur Mercedes-Benz leisten.
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Bringen wir´s auf den Punkt: Gute Claims, Slogans & Bylines zu entwickeln, ist eine herausfordernde Übung. Vieles gilt es zu bedenken, höchst strategisch-kreatives Denken ist gefordert. Aber der Weg ist lohnend, wenn Sie Ihre Marke in der Positionierung stärken wollen. Wir entwickeln für Sie maßgeschneiderte Claims, Slogans und andere strategische Kernbotschaften wie Purpose und Vision.
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Wir begleiten Sie gerne, wenn Sie den Weg nicht allein gehen wollen.
Ralf Tometschek, Partner bei wortwelt® und identifire®
Er ist Marken- und Werbefachmann und seit über 30 Jahren Freelancer für Webkonzeption und Text. Neben der Vielschreiberei beschäftigt er sich seit über 15 Jahren mit Organisations- und Personalentwicklung. Wording-Trainings sind die logische Konsequenz.