E-Mails sind oft das Erste und manchmal das Einzige, was Menschen von uns sehen. Die Sprache, die wir verwenden, und die Art und Weise, wie wir uns präsentieren, sind nicht nur eine Frage der Etikette. Sie geben auch einen Hinweis auf die Marke, die Botschaft und die Wirkung, die wir erzielen möchten.
In Text-Ratgebern finden Sie Sie „Power-Wörter“, die Ihr E-Mail angeblich unwiderstehlich hypnotisch machen. Doch Vorsicht! Damit klingen Sie schnell wie ein NLP-Coach auf Speed. Wollen Sie das? Die wichtigste Ausgangsfrage für guten Text ist deshalb: Wer sind meine Leser:innen? Denn wer für eine Privatbank arbeitet, braucht sicher eine andere Tonalität als Mitarbeitende eines High-Tech Start-ups.
Lesen Sie hier, wie Sie in Ihren E-Mails den richtigen Ton treffen, aus der Masse herausstechen und so für mehr Pep im Postfach Ihrer Lesenden sorgen. Außerdem: einfache Stil-Tipps für zeitgemäße Texte.
Kapitel:
Zeigen Sie sich
Definieren Sie die Sprache Ihrer Marke und der Zielgruppe, in der Sie erfolgreich sein wollen. Als Green Energy Unternehmen liegt Ihnen wahrscheinlich die Umwelt am Herzen – dann können am Ende des Mails „Umweltfreundliche Grüße“ passend sein. Der Formel 1-Zulieferer Mahle Motorsport zeigt sogar in seinen Personal-Absagetexten, wie sehr er in seinem Thema ist: Statt der bürokratischen Floskel „in Evidenz halten“ schreibt man dort: „Wir parken Ihre Bewerbung in der Boxengasse“. Dazu finden Sie auch mehr im WLOG Artikel Tone of Voice: Wie Sie mit Ihrer Markenstimme für Ihre Marke Stimmung machen
Mut zum Klischeebruch
Vielleicht kommen Ihnen die Beispiele sehr ambitioniert vor. Aber die Erfahrung zeigt: Wir überlesen die gelernten Klischees und Floskeln. Wenn Sie Aufmerksamkeit erzeugen wollen, dürfen es keine Allerwelts-Textbausteine sein. Dabei gibt es nicht nur einen besseren Weg, sondern viele! Natürlich kann man es auch übertreiben: Klebrige Werbefloskeln und übermäßig Provokantes passen meist nicht. Frei nach Schopenhauer: Nehmen Sie gewöhnliche Worte – und sagen Sie ungewöhnliche Dinge.
Menscheln erwünscht
Das beginnt schon beim Mail-Einstieg: Bringen Sie Ihre Persönlichkeit ins Spiel. Schreiben Sie einen Satz, in dem das Gegenüber Ihre Gedanken spürt. Wenn Sie sich für ein Gespräch bedanken, dann überlegen Sie: Wie war das Gespräch? Finden Sie zwei Adjektive, die es genau charakterisieren. War es angenehm und informativ? Oder ausgelassen und anregend? Erst mit dem zweiten Adjektiv überschreiten Sie die Wahrnehmungsschwelle und geben dem Gegenüber das gute Gefühl, mehr als nur einen Textbaustein zu erhalten.
Virtuelles Händeschütteln
Wie bei einem persönlichen Gespräch prägt ein freundlicher Einstieg das Gesprächsklima. Deshalb sollte der 1. Satz nicht mit der Tür ins Haus fallen und stattdessen mindestens ein emotionales Wort enthalten, das zeigt: Sie schätzen den Kontakt. Das können kleine Wörter sein, wie „danke“, „gerne“ oder „Schön, dass Sie …“. Auch beim Ausstieg ist ein Handreichen angesagt. Bieten Sie sich für ein Gespräch an – aber bitte nicht mit dem Klischeesatz „Für Rückfragen stehen wir zur Verfügung“. Überlegen Sie stattdessen, wie Sie das am Telefon oder im persönlichen Gespräch sagen.
Alltagssprache ist Service-Sprache
Leider werden heute in vielen Berufsschulen immer noch alte Textfloskeln gelehrt. Meiden Sie die antiquierten Floskeln wie „anbei“, „bezugnehmend“ oder „wunschgemäß“. Unsere gesprochene Sprache ist frischer und überzeugender. Und wie steht es mit Emoticons? Die Forschung zeigt: Sie funktionieren und können Informationen in ein freundlicheres Licht rücken. Aber auch hier zählt Ihre „Marke“: Eine Privatbank ist zurückhaltender als eine Social-Media-Agentur.
Auf den Punkt kommen
Während Mail-Einleitung und -Ende ein bisschen Persönlichkeit vertragen, heißt es im Kerntext: schnell auf den Punkt kommen. Aufzählungen und Bulletpoints sind erwünscht – sofern es nicht sehr heikle Korrespondenz ist, wie z. B. eine Beschwerdeantwort. Besonders im Arbeitsleben haben wir wenig Zeit und wollen deshalb schnell die Information aufsaugen. Das gilt auch für WLOG-Artikel, deshalb hier in Kurzform eine kleine Stilkunde für zeitgemäße Texte:
Kleine Stilkunde für zeitgemäße Texte
Wichtiges an den Anfang des Textes, des Satzes
Aktiv formulieren, kein unnötiges Passiv verwenden
Zu-Konstruktionen ersetzen, Bitte überweisen Sie statt ist zu überweisen
Fettdruck sparsam einsetzen, maximal 3-5 Wörter je Seite
Überflüssige Wortteile meiden, Zielsetzung Fragestellung RückAntwort
Paragraphen und Bezüge am Satzende: … nach § 104 BGBL.
Aussagekräftiger Betreff, 3-7 Wörter, die den Inhalt attraktiv zusammenfassen
Aufzählungen einheitlich in Länge und Art; optimal: Beginn jeweils mit Schlagwort
Kurze Sätze mit 3 bis 15 Wörtern je Satz; kurze Absätze mit 2 bis 5 Zeilen
Zeitwörter statt Hauptwörter auf -ung, -heit, -keit
Konkrete statt abstrakte Formulierungen verwenden: anrufen statt kontaktieren
Vor dem Texten die Leserperspektive einnehmen
Welche Interessen, Bedenken, Erwartungen hat das Gegenüber?
Was ist das Wichtigste und sollte deshalb an den Anfang?
Was soll der Text bewirken, was sollen Lesende tun?
Wie viel Text will das Gegenüber dazu lesen?
Schreiben mit System
Bei schwierigen Texten spart die effiziente Herangehensweise viel Zeit.
Vorbereiten: Stichworte notieren, Ideen sammeln, Infos zusammenstellen
Gliedern: Text-Ziel und Strategie festlegen, Argumente gliedern
Texten: Erst-Entwurf in einem Zug schnell texten
Überarbeiten: Text gegenlesen lassen, überarbeiten, optimieren
Prüfen: Inhalt, Stil, Grammatik und Rechtschreibung korrigieren
Zusmmangefasst: Locker texten, hart überarbeiten!
Seien Sie nicht Goethe!
„Mein Freund, heute schreib ich dir einen langen Brief, für einen kurzen hatte ich keine Zeit“, schrieb Goethe. Unser Vorschlag: Nehmen Sie sich die Zeit und kürzen Sie Ihre Texte so weit wie möglich.
Trotz aller Tipps und Tricks kostet guter Text immer Zeit, weil wir genau überlegen müssen, was die Lesenden interessiert. Output statt Input ist gefragt: Reduzieren Sie auf das Wesentliche, denn nicht alles, was wir wissen, ist für andere wichtig. Konzept geht vor Text. Viel Schreibvergnügen!
Fazit
- Definieren Sie die Sprache Ihrer Marke und Zielgruppe präzise
- Vermeiden Sie Klischees und Floskeln
- Zeigen Sie Persönlichkeit in Ihrer Kommunikation
- Setzen Sie auf einen freundlichen Einstieg und Abschluss
- Verwenden Sie zeitgemäße Alltagssprache
- Seien Sie kreativ (falls passend)
Das ist der Schlüssel zu erfolgreicher Kommunikation. Dann hat Ihre Leserschaft eine prominente Antwort auf die Frage: Wann hatten Sie zuletzt guten Text?
Axel Ebert, Partner bei wortwelt® und identifire®
Axel Ebert – „der mit dem Wort tanzt.“ Der wortwelt® Initiator und studierte Psychologe brachte bereits 1995 Wording-Know-how aus den USA mit. In über 100 Wording-Projekten für Finanzdienstleister, Industrie, Telekommunikation und Verwaltungen hat er sich als Österreichs „Letter-Man“ etabliert. 2015 wurde sein Projekt Wiro Wortwelt als Sprachvorbild vom Verein für deutsche Sprache ausgezeichnet.
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