Wer auf eine Stellenanzeige stößt, liest vieles, was eigentlich längst auf den Floskelfriedhof gehört: Das „junge, dynamische Team” ist dort ebenso zu finden wie die „zahlreichen Benefits”. Nicht zu vergessen die „Leidenschaft“, mit der man überall „die Zukunft wagt”.
Das geht besser. Denn: Inhalte und deren sprachliche Verpackung sind die Key-Elemente im Kampf um Talente.
Wie ziehen Sie also passende Bewerber:innen an und halten andere fern? Welche Informationen gehören in eine attraktive Stellenanzeige und was sind absolute No-Gos? Und wie transportieren Sie dabei Ihre Arbeitgebermarke mit?
Kapitel:
Job-Titel bis Ansprechperson: Wie formuliere ich eine gute Stellenanzeige?
Vorgegebene Jobinserat-Templates, die wegen knapper IT-Ressourcen schon lange nicht angepasst wurden, lassen oft wenig Gestaltungsspielraum zu. Aber lassen Sie sich davon nicht unterkriegen. Solange es Freitext-Felder gibt, ist Hopfen und Malz noch nicht verloren.
Der Job-Titel – oh wie ich dieses Thema liebe!
Neulich suchte ein langjähriger Kunde monatelang nach einem Service Engineer in Westösterreich. Ohne Erfolg. Nach einem Gespräch mit so einem gesuchten Servicetechniker und seinem Vorgesetzten fanden wir den Grund: der Jobtitel. Denn der Stelleninhaber bezeichnet sich selbst als Servicetechniker – nie im Leben hätte er unter Service Engineer einen Job gesucht. Also weg mit den hochtrabenden Jobtiteln, die machen nur die Pferde scheu.
Ein Blick auf Google Trends hilft. Hier können Sie verschiedene Jobtitel vergleichen und sehen, nach welcher Bezeichnung Menschen häufiger suchen.
Und das Gendern nicht vergessen. Denn laut dem Gleichbehandlungsgesetz müssen Jobtitel geschlechtsneutral sein. Also entweder neutralisieren oder den Zusatz (m/w/x) nachstellen.
Die Unternehmensbeschreibung – auch so eine Falle
Geht es um diesen einen kurzen Absatz, der verdichtet den Kern eines Unternehmens ausdrückt, wird es meist lange und holprig. Vielerorts formulieren die Marketing- oder Kommunikationsabteilungen diese „Boiler Plate“. Und sie wollen alles reinpacken, was gut, teuer und ihnen wichtig ist. Das Ergebnis: ein sehr, sehr langer Schachtelsatz.
Dabei hat dieser Satz nur eine Funktion: Er muss neugierig auf den Arbeitgeber und das Unternehmen machen. Ein Lieblingsbeispiel aus einem Kundenworkshop (Namen geändert)
Die Aufgaben – wie wäre es mit einem Spotlight?
Die erste Hürde: Klingt die angepriesene Tätigkeit spannend und attraktiv? Finde ich mich darin wieder? Erkenne ich den Sinn hinter dieser Aufgabe und wird der Beitrag deutlich, den ich zum großen Ganzen beitragen werde?
Wir sind ein Fan davon, den Job in einem einzigen Teaser-Satz zusammenzufassen, um gleich am Beginn der Aufgabenliste zu zeigen: Hey, darum geht es!
Wie das aussehen könnte, sehen Sie an unserem Kundenbeispiel von HELLA weiter unten.
Die Anforderungen: eierlegende Wollmilchsau
Suchen Sie keine Wunderwuzzis. Welche Qualifikationen brauchen Bewerbende wirklich? Ist die Weiterbildung XY wirklich nötig oder kann man das auch on the Job lernen? Ist nicht das grundsätzliche Verständnis für die Tätigkeit wichtiger als die Zertifizierung? Nach dem Motto: Hire character, train skill.
Zusätzlich ein wichtiger Punkt: Laut einer Studie von KOFA Kompetenzzentrum für Fachkräftesicherung trauen sich Frauen am Jobmarkt weniger zu und arbeiten häufig unter ihrem formalen Qualifikationsniveau. Was für eine Verschwendung von Talent, wenn man darauf nicht mit offeneren Anforderungen reagiert.
Was wir bieten: Gehalt, Benefits und Co.
Das leidige Thema Gehaltsangabe. Aus Bewerbersicht kann ich dazu nur eine Meinung haben. Bitte nicht den Mindestlohn, sondern eine realistische Bandbreite anführen. Das häufigste Argument, das wir in unserer Beratungspraxis hören: Naja, aber dann wissen die Alten, dass die Neuen mehr Geld verdienen werden. Binnen kurzer Zeit sickern die Gehälter sowieso im Unternehmen durch.
Es ist sinnvoller, das Einkommen der Altgedienten im Zweifelsfall anzuheben, anstatt sie zu verlieren. Kalkulieren Sie doch den Know-how-Verlust, das Recruiting, die Einschulungszeit und die Auswirkungen auf die Moral der Truppe, die zurückbleibt. Und, was ergibt diese Rechnung? Eben. So aufbereitet verstehen das auch Controller-Herzen.
Oder nehmen wir Benefits. Zum Beispiel „Flexible Arbeitszeiten” – auch hier tut Präzisierung gut, inklusive Hinweis auf derzeit so brennende Themen wie die Homeoffice-Möglichkeit. Auch zeigt eine Zalvus HR-Digital-Studie, dass unterschiedliche Berufsgruppen unterschiedliche Benefits interessant finden.
Call-to-Action
Bei Fragen zum Job helfen Sie gerne weiter? Sie freuen sich über Bewerbungen auf diese Position? Dann sagen Sie das auch! Am besten markenorientiert.
Unser Beispiel von HELLA Sonnen- und Wetterschutztechnik zeigt, wie das aussehen könnte – das Arbeitgeberversprechen klingt aus fast jeder Zeile heraus und wir laden daher folgerichtig auf die Sonnenseite zum Arbeiten ein:
„Wenn du magst, was du hier liest, dann schicke deine Bewerbung auf die Sonnenseite.“
Ansprechperson mit Kontaktdaten und Foto
Niemand bewirbt sich gerne bei einer KI, oder? Personalisierung ist das halbe Wirtschaftsleben und je persönlicher wir Menschen im Job-Such-Prozess begleiten, desto besser.
Also: keine anonyme bewerbung@firma.at, sondern den Namen und wenn möglich auch ein Foto der Ansprechperson im Recruiting-Prozess angeben.
Das unterstreicht auch eine Studie von Best Recruiters zur idealen Gestaltung einer Stellenanzeige. Das Ergebnis: 75 % Nutzengewinn durch personalisierte Ansprechperson.
Unsere 6 Tipps für Jobinserate, die ihren Job machen
1. Nachdenking® – Was interessiert Bewerbende?
Jeder sucht den „unternehmerischen” Menschen, der „kommunikations- und teamfähig“ ist.
Kurz den Kopf schieflegen und sich fragen: Was interessiert wirklich? Was muss ich in anschaulichen Farben schildern und worauf sollte ich dezent hinweisen, damit ich die Richtigen anspreche und die Halb-Richtigen erst gar nicht in die Tasten greifen?
Denn wie wir alle wissen: Es geht um Klasse, nicht um Masse.
Wir bei wortwelt® haben für aussagekräftige Stellenanzeigen den Jobprofilspitzer entwickelt: ein Interviewformat mit den Hiring- und Recruiting-Verantwortlichen sowie der Person, die den Job aktuell innehat. 7 Fragen aus Unternehmens- und Kandidatenperspektive, damit Bewerber:innen ein echtes Bild und damit eine Vorstellung vom potenziell neuen Team und Unternehmen bekommen. Lesen Sie hier mehr Informationen zum Jobprofilspitzer.
2. Vom Bulletpoint zum ganzen Satz
Was sagt Teamfähigkeit aus? Ist das nicht die Recruiting- statt der Candidate-Perspektive? Als Bewerber:in interessiert mich das Team an sich. Wie fühlt es sich an, dort zu arbeiten? Mit wie vielen teile ich das Office, wie viele sehe ich nur remote, was ist die gelebte Homeoffice-Praxis, wie lange sind die Leute durchschnittlich dabei oder was tun sie, wenn sie feiern?
Gleiches gilt für die beliebten Begriffe Kommunikationsstärke und Eigenverantwortung: Wie viel Zeit argumentiere ich in Meetings? Wie hoch ist der Anteil am Erstellen und Halten von Präsentationen? Bei welchen Gelegenheiten und in welchem Ausmaß kann ich zeigen, was ich kommunikativ draufhabe? Oder: Welche Entscheidungsbefugnisse sind mit der Stelle verbunden?
3. Individualität statt Massenprodukt
Stelleninserate werden nicht selten einfach kopiert. Leider. Denn das liest man den meisten dann auch an, dass sie mit Copy & Paste in kurzer Zeit freigeschaltet werden. Sie klingen alle gleich – ob Corporate mit 20.000 Mitarbeitenden oder die nette NGO ums Eck. Alle wollen Teamfähigkeit und Kommunikationsstärke.
Nehmen Sie die Vorlage also kritisch unter die Lupe. Welche Punkte passen wirklich?
4. Einheitliches Bild an jedem Kontaktpunkt
Die Realität: Die Karrierewebsite kommt über Schlagworte wie „Deine Karriere bei …” oder „Wir sind Firmenname XY” nicht hinaus, mit den immer selben Floskeln werden Jobs undifferenziert beschrieben und im Karriere-Web steht gerade das Notwendigste.
Besser: das Team sympathisch und interessant beschreiben oder zeigen. Menschen jenseits von vorgegebenen Wohlfühlsätzchen zu Wort kommen lassen. Einblicke geben zu den Aufgaben, Arbeitsweisen und Tools.
Ein weiterer wichtiger Kontaktpunkt: die Bewerberkorrespondenz. Nützen Sie auch hier die Chance und überraschen Sie positiv.
5. Gendern mit Hirn: Alle ansprechen ohne Sprachzerstörung
Beim Thema geschlechtergerechte Sprache stellen sich bei vielen die Nackenhaare auf. Und ehrlich gesagt: Uns geht’s oft genauso. Denn ungeschickt gemacht grenzt ein gegenderter Text oft an Sprachzerstörung. Geschickt gemacht ist er sogar besser als davor. Oder was sagen Sie zum folgenden Beispiel?
Sie blicken nicht mehr durch den Gender-Dschungel? Im Workshop Gendern mit Hirn zeigen wir Ihnen, worauf es beim Gendern ankommt und wie Sie alle ansprechen. Sie werden staunen, wie leicht es geht.
6. Markante Sprache: die Employer Brand und Kultur erlesbar machen
Neben dem besseren Content ist aber vor allem auch der Stil der Texte wesentlich. Passt er zur Marke, zum Arbeitgeberversprechen und zur Werthaltung des Unternehmens?
Immer mehr Unternehmen setzen daher im Employer Branding auch gezielt auf den Hebel „Sprache”, um ein ebenso einheitliches wie einzigartiges Bild abzugeben. Wir zeigen hier markante Beispiele von 2 österreichischen Hidden Champions.
Beispiele von Stellenanzeigen: Einblicke in unsere Projekte
Die HELLA Gruppe ist einer der führenden europäischen Hersteller von Sonnen- und Wetterschutzsystemen. Das Arbeitgeberversprechen passt sprachlich perfekt zur Branche: Unsere Strahlkraft für coolen Schatten.
Unser Ziel: Alle Jobs nach außen zum Strahlen bringen.
- Jobprofilspitzer-Interviews mit Stelleninhaber:in, Hiring Manager:in und Führungskraft, damit wir ein klares Bild von den Sonnenseiten des Jobs bekommen.
- Neue Struktur der Jobinserate: Die wichtigsten Infos sollen auf einem Blick klar zu erkennen sein. Ein Teaser-Satz zu Beginn fasst zusammen, worum es geht. Und anstatt der klassischen „Aufgaben“, „Anforderungen“ oder „Was wir bieten“ haben wir uns auch einen sprachlichen Twist passend zur Arbeitgebermarke überlegt. Aber sehen Sie selbst.
Stellenanzeige Beispiel: Einblicke au unserem Projekt mit PÖTTinger Landtechnik
Von Stellenanzeigen bis Bewerberkorrespondenz – bei PÖTTINGER Landtechnik zahlen alle Texte auf die Arbeitgebermarke und Werte ein:
Hier wächst die Arbeitsfreude – Lebe dein PÖTTenzial
Smart im Denken, sympathisch im Handeln und stark in der Leistung.
Daraus entstehen spezifische HR-Texte wie zum Beispiel . . .
Sie sehen schon, alles keine Hexerei. Stellenanzeigen zu schreiben ist nicht schwer, im Gegenteil. Es verlangt nur Hausverstand und etwas Argumentationsfreude gegenüber jenen, die nichts ändern wollen.
Unsere Projekterfahrung zeigt: Die Mühe und Investitionen werden belohnt. Mehr passende Bewerbungen und eine kürzere Time-to-Hire. Eine einfache Möglichkeit, den Wahrheitsbeweis anzutreten: Schalten Sie 2 verschiedene Texte und probieren Sie es aus.
Ihnen fehlen Zeit und Lust, das Projekt Jobinserate selbst in Angriff zu nehmen? Dann melden Sie sich bei karin.krobath@wortwelt.at – wir übernehmen das gerne für Sie.
Und schicken Sie mir bitte ein Mail mit Ihren Resultaten und Findings. 😊
Karin Krobath, Partnerin bei wortwelt® und identifire®
Sie kommuniziert mit Leidenschaft und weiß, dass gerade Kommunikation oft Leiden schafft. Ständig auf der Suche nach guten Inputs aus verschiedenen Lebens-, Sprach- und Arbeitswelten vernetzt sie Worte und Taten zu neuen Lösungen. Wording by Doing.
+43 699 10 77 66 11
karin.krobath@wortwelt.at